DIE GESCHICHTE TRATTENBACHS
Die erste Ansiedlung erfolgte im 11. Jhdt. über die Obersteiermark durch Bewohner des bayrischen Gebietes. Diese Siedler waren 7 verschiedenen Herrschaften (Kranichberg, Wartenstein, Pottschach, Feistritz, Steyersberg, Klamm, Stixenstein) dienstbar.
Im Jahr 1404 erfolgte die erste Erwähnung des Ortes im Urbar der Grafen von Monfort als „dretenpach“. Der Name bedeutet „schnell fließender, sich in Tümpeln drehender Bach“.
Im 16. Jhdt. wurde der Ort von Seuchen, Pest und Türkeneinfall (1683) heimgesucht. Das „Rote Kreuz“ (Strobl-Kapelle) gibt noch heute vom erbitterten Kampf der Bewohner mit den eindringenden Türken Zeugnis, wo diese vom weiteren Vordringen abgehalten werden konnten.
Weitreichende Bedeutung hat das Jahr 1786, in welchem, über Anordnung von Kaiser Joseph II., die Kirche samt Pfarrhof errichtet und Trattenbach ab 1805 eine selbstän-dige Pfarre wurde. 1788 erfolgte der erste Schulbau.
Der Aufhebung der herrschaftlichen Obrigkeit im Jahre 1850 erfolgte die Schaffung selbständiger Gemeinden, wobei Trattenbach der Gemeinde Kranichberg eingegliedert wurde. Einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung brachte die Errichtung der Fabrik, einer mechanischen Weberei, zwischen 1890 und 1900 durch Isaak Mautner.
Ebenfalls in dieser Zeit erhielt Trattenbach ein eigenes Postamt (1894). Der große Bevölkerungszuwachs, bedingt durch den Fabriksbau, machte in den Jahren 1900 und 1901 den Ausbau der Schule notwendig. An dieser Schule lehrte von 1920 bis 1922 der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein, dessen Wohnkammer, das „Schachnerstüberl“, heute noch ein historisches Denkmal in unserem Ort ist.
Im Jahr 1923 erlangte die Gemeinde Trattenbach die lang ersehnte Selbständigkeit und wurde von Kranichberg abgetrennt. Trotz Brand, Hochwasserkatastrophen und Russenbesetzung entwickelte sich Trattenbach zu einer aufstrebenden Dorfgemeinde, die im Jahre 1972 mit Otterthal und Raach am Hochgebirge zu der politischen Großgemeinde Otterthal vereinigt wurde.
Diese Großgemeinde Otterthal hatte bis 1984 Bestand. Seit 1.1.1985 ist Trattenbach wieder eine eigene, selbständige Gemeinde.
CHRONIK VON TRATTENBACH
1404 Erste Erwähnung von Trattenbach in einem Verzeichnis der Besitztümer (Urbar) der Grafen von Montfort
16./17. Jh. Die Reformation fand in Trattenbach viele Anhänger. Die Gegenreformation am Beginn des 17. Jh. brachte überall, so auch
hier, das Ende des Protestantismus.
1578 wurde ein Kupferbergwerk errichtet, das im Talergraben gewesen sein muss. Es wurde nach 1631 eingestellt, weil es zu wenig
ergiebig war. Trotzdem unternahmen 1908 eine Ternitzer und 1923 eine Wiener Gesellschaft den Freischurf nach Kupfer, der
sich aber ebenfalls nicht rentierte.
1683 In der Nähe des „Roten Kreuz“ kam es am Anfang des Türkenkrieges von 1683 – 1699 zu einem Kampf zwischen einer
türkischen Streife und einer Gruppe von Trattenbacher Männern, von denen 10, sowie ein Unbekannter, getötet wurden.
1684 Im Jahr nach dem Türkeneinfall von 1683 war die Sterblichkeit unge-wöhnlich hoch (299 Personen).
1817, 1832, 1861, 1876/77, 1882, 1885 und 1889 traten epidemische Krankheiten auf: Pocken, Scharlach, Diphterie, Typhus und
Influenza (keine Cholera).
1813, 1833, 1879, 1886, 1895, 1932 und 1954 waren unter anderem Hochwasser-Jahre;
1813, 1814, 1815, 1846 und 1851 waren Missjahre
1786 Der Bau der Kirche wurde von Kaiser Josef II. 1782 angeordnet und 1786 ausgeführt. Finanziert wurde er aus Mitteln des
Religionsfonds.
1786 Trattenbach hatte mehrere Eisenhammerwerke, die aber nach ca. 100jährigem Bestand mit den steirischen Eisenwerken nicht
mehr konkurrieren konnten.
1788 Der Schulbau (Haus Nr. 77) wurde ebenfalls 1782 von Kaiser Josef II. angeordnet, aber erst 1788 ausgeführt. Auch dafür kam das
Geld aus dem Religionsfond. Unterricht war in einer ungeteilten Volksschulklasse, später immer noch in einer, aber geteilten,
Klasse. 1900 wurde mit dem Bau einer neuen, zweiklassigen, Volksschule (Haus Nr. 76) begonnen; sie war 1901 fertig. 1919
wurde der Unterricht auf drei, 1932 auf vier Volksschulklassen umgestellt. 1932 wurde auch eine vierte Lehrkraft bewilligt.
1963/64 wurde das Gebäude nochmals erweitert.
1805 Trattenbach wurde eine selbständige Pfarre. Vorher gehörte es zur Pfarre Kirchberg.
1848 Während der Revolution kam es zu einigen Protestaktionen der lange unterdrückten Bauern.
1892 Die Textilfabrik wurde gegründet; in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stellte sie endgültig die Produktion ein.
1894 Die Textilfabrik war sehr daran interessiert, dass Trattenbach ein selbständiges Postamt haben sollte. Daher wurde ein kleines
Postamt eröffnet, das 1907 erweitert wurde und ein öffentliches Telefon und eine Telegrafenstation erhielt.
1920 – 1922 Ludwig Wittgenstein war provisorischer Volksschullehrer in Trattenbach.
1923 Trattenbach wurde eine selbständige Gemeinde. Vorher hatte es mit Otterthal und Kranichberg eine Gemeinde Kranichberg
gebildet. Die lange angestrebte Selbständigkeit war hauptsächlich der Verdienst Stephan Mautners und Franz Scheibenreifs, die
dafür von der Gemeinde Trattenbach zu Ehrenbürger ernannt wurden.
1934 Bau der Straße über den Sattel ins Steirische
Herausgabe der Orts- und Hauschronik, verfasst von Franz Scheibenreif
1945 Trattenbach war am Ende des 2. Weltkriegs für mehrere Wochen ein umkämpftes Gebiet. Minen wurden gelegt. Auch unter der
zivilen Bevölkerung gab es viele Tote. Der Sachschaden war groß. Für einige Zeit verlief mitten durch Trattenbach die
Demarkationslinie zwischen dem britischen und dem sowjetischen Sektor.
1950 Errichtung des neuen Amtshauses mit Räumlichkeiten für Gemeindekanzlei und Postamt und 7 Wohnungen
1954 Verheerendes Hochwasser nach mehreren Wolkenbrüchen, das zur Zerstörung von 14 Brücken, 3 Häusern, 5 Holzschuppen
und aller Wehranlagen am Trattenbach führte.
Danach wurden umfangreiche Uferschutzbauten errichtet, die sich bis heute bewährten.
1958 Vollelektrifizierung im ländlichen Gebiet durch Bildung von Lichtgemeinschaften und Förderung durch das Land
Niederösterreich
1966 Beginn der umfangreichen Wege- und Straßenneubauten: Hinterotter, Trattenbachgraben, u. a., die moderne Hofzufahrten
brachten
1970 Errichtung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage Trattenbach mit 2 Hochbehältern und ca. 4 km Versorgungsleitungen
1972 Die Gemeinde Trattenbach verliert aufgrund des NÖ Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes ihre Gebietshoheit und wird mit
den anderen Gemeinden Otterthal und Raach am Hochgebirge zur „Großgemeinde Otterthal“ vereinigt, was zu mancherlei
Unzulänglichkeiten für Trattenbach führte.
1976 Ausbau der Landeshauptstraße 175 über den Feistritzsattel durch Beseitigung von Steigungen und Engstellen
1978 Eröffnung des NÖ Landeskindergarten Trattenbach
1980 Errichtung der Aufbahrungshalle
Der Gemeinderat beschließt einstimmig, die Trennung der Großgemeinde in die ehemaligen Gemeinden Trattenbach, Otterthal
und Raach am Hochgebirge beim Land NÖ zu beantragen. Diesem Begehren wurde nicht entsprochen und führte zu einem
langjährigen Prozess beim Verfassungsgerichtshof.
1982 Gründung der Telefonanschlussgemeinschaft (TAG) zwecks Durchführung der flächendeckenden Telefonanschlüsse
1984 Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit der Gemeindezusammenlegung. Die Trennung ist zu
veranlassen.
1985 Ab 1. Jänner 1985 ist Trattenbach wieder eine selbständige Gemeinde
1986 Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Trattenbach
1988 Renovierung des Wittgensteinhauses
1990 Errichtung des Feuerwehrhauses mit Musikvereinssaal und Bankstelle, überwiegend durch freiwillige Helfer
1994 Errichtung Bauhofgebäude
1997 Renovierung Gemeindehaus Nr. 77
1998 Baubeginn der Abwasserkanalisation
Eröffnung Ausstellung „L. Wittgenstein und Trattenbach“ im Wittgensteinhaus
2000 Fertigstellung der Abwasserkanalisation
Renovierung der Volksschule mit Wärmedämmung
Errichtung des Sportplatzes – Fun-Court
2001 Feierlichkeiten betreffend 100 Jahre Volksschule Trattenbach und 50. Todestag von Ludwig Wittgenstein
Ortsraumgestaltung nach dem Kanalbau
2002 Gründung der Feuerwehrjugend der Freiwilligen Feuerwehr Trattenbach
Schließung des Postamtes, die Gemeinde Trattenbach wird Postpartner
2003 Das Amt der NÖ Landesregierung verleiht der Gemeinde Trattenbach das Recht ein Gemeindewappen zu führen. Die offizielle
Verleihung fand am 15. Juni 2003 durch Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll statt.
2004 Die Gemeinde Trattenbach feiert „600 Jahre Trattenbach – erste urkundliche Nennung als dretenpach“
2005 Baubeginn Abwasserkanalisation Bauabschnitt 02 (Hinterotter, Schlaggraben, Talergraben)
2005/06 Renovierung des Amtshauses und der 6 Wohnungen mit Wärmedämmung und Einbau einer Zentralheizung
2006 Fertigstellung Abwasserkanalisation BA 02, womit 95 % der Anwesen an den öffentlichen Kanal angeschlossen sind
2008 Errichtung Urnenhain am Friedhof
2009 Anschluss des Volksschulgebäudes, des Hauses Nr. 77 und des Feuerwehrhauses an die Fernwärme
2012 Beginn Errichtung Radweg Feistritztal
2014 Fertigstellung der beiden Wohnhäuser mit je 8 Wohnungen durch die Genossenschaft Gebau-Niobau
2015 Baubeginn des ÖBB-Semmering-Basistunnel mit einer Länge von 27,3 km, wobei 8,0728 km dieses Tunnels durch die Gemeinde
Trattenbach gegraben werden (200 bis 600 m tief in der Erde)
2015/16 Errichtung des Parkplatzes in der Ortsmitte mit 28 Stellplätzen
2017 Errichtung Mautner-Gedenkstele bei der Traht-Kapelle
2019 Eröffnung des Gemeinschaftshauses (Vergrößerung des Feuerwehrhauses durch Zu- und Umbau)
2021 Generalsanierung und Neugestaltung des Kriegerdenkmales
Ankauf des Wittgensteinhauses (Schachner-Stüberls) durch die Gemeinde
2023 Errichtung der Glasfaserinfrastruktur durch die NÖGIG
Verkauf der Fabriksvilla
Feier „100 Jahre selbständige Gemeinde Trattenbach“
Präsentation der neuen Orts- und Hauschronik von Trattenbach